Tag 3

28 03 2016

Langsam aber sicher bekommen wir mehr Einsicht und Verständnis über Abläufe in der Klinik. Der Kollege fürs Röntgen ist eigentlich Rettungssanitäter, aber hier wurde halt einer fürs Röntgen gebraucht. Nach der Arbeit hat er vor dem Klinikgebäude auch noch eine Apotheke. Um Physiotherapeut zu werden, sind 5 Jahre Studium nötig und sie sind den Ärzten fast gleichgestellt. Daher heißt unserer hier auch Dr. Roshan.

Morgens geht die Visite durch die Zimmer der plastischen Chirurgen. Alles 6er Zimmer, teilweise aber mit Antidekubitusmatratzen (über eine elektronische Luftpumpe). Denn die Brandopfer können teilweise gar nicht mobilisiert werden. Hilft aber auch nur eingeschränkt. Dekubitus ist nach der Verbrennung dann die zweite Baustelle. Aktuell gibt es 34 Patientinnen und Patienten auf der Station, je ein Männer- und ein Frauenklo für alle Patienten! Die Zimmer sind aber sehr aufgeräumt, besonders im Hinblick auf die Familienangehörigen. Denn die Schwestern übernehmen nur die medizinische Versorgung. Die Basisversorgung, d.h. waschen, essen reichen, beim Aufstehen helfen, Betten machen, übernehmen die Angehörigen. Diese schlafen auch mit in den Patientenzimmern. Sie schlafen auf Matten, die tagsüber fein unter den Patientenbetten verstaut sind. Dementsprechend sind auf dem Gelände viele, viele Menschen bzw. ganze Familien. Tagsüber findet alles draußen statt. Da werden die Patienten, die gehen können, die Matten auf die Rasenfläche gelegt und mit Kissten ausgepolstert, damit sie in der Sonne liegen können im Kreise der Angehörigen. Teilweise werden sie einfach auf einer Pritsche liegend mal in die Sonne gefahren. Die Patienten verbringen Wochen oder Monate hier, daher entsteht wirklich ein Familiengefühl. Jetzt zur Winterzeit gibt es viele Verbrennungsopfer, da gegen die Kälte sich alle dicht am Feuer aufhalten. Die Situation wird verschärft durch die Grenzschließung durch Indien. Es herrscht ein großer Mangel an Gas, das sonst zum Kochen und Heizen verwendet wird. Viele Familien müssen jetzt auf “Lagerfeuer” ausweichen. Aber die  Frauen können damit gar nicht umgehen und ziehen sich meist beim  Kochen massive und großflächige Verbrennungen zu, wenn die Kleidung Feuer fängt. Deswegen ist diese Klinik hier wirklich ein Segen.

Gestern hatten wir eine ehemalige Patientin zum gyn. Check-up. Sie ist mittlerweile 21 Jahre alt, wurde aber mit 13 Jahren verheiratet. Als sie herausfand, dass ihr Mann sie mit ihrer Schwägerin betrügt, hat sie sich selbst angezündet. Sie hat überlebt und viele Jahre in dieser Klinik verbracht. Sie hat am ganzen Körper narben, aber kann ein normales Leben führen. In meinen Augen ein Wunder, besonders wenn man die Umstände hier berücksichtigt – keine Verbrennungsintensivstation oder moderne Wundversorgung o.ä.

IMG_0004IMG_0005IMG_0012IMG_0014IMG_0015 2IMG_0018IMG_0016



Aktionen

Informationen